Mit einiger Verspätung und nachdem wir die Schule bereits wegen unseres Umzugs nach Berlin verlassen haben, will ich nun doch auch einen Erfahrungsbericht über die Deutsche Schule London – kurz DSL – verfassen.
Wir haben wirklich eine gute Erfahrung gemacht und sehr wenig zu meckern, aber irgendwie fühlt sich das Schreiben einer Rezension über die DSL – im Nachhinein – irgendwie „sicherer“ an. 🙂
Unsere Erfahrung erstreckt sich dabei „nur“ über zweieinhalb Jahre, von denen zwei Jahre Pandemie waren. Im Vergleich mit was man so von Freunden aus Deutschland hörte, hatten wir allerdings wirklich ein gutes Homeschooling Angebot.
Was sich seit unserem Umzug Ende 2021 verändert haben mag, bekomme ich nicht mehr so ganz mit. Hinterlasst mir gerne einen Kommentar, wenn ihr Fragen habt oder anmerken wollt, dass sich etwas geändert hat – das hilft, den Artikel aktuell zu halten.
Das Aufnahmegespräch vorab
Es ist üblich, dass die Kinder vor der Aufnahme mit einer LehrerIn ein Gespräch führen, in dem die Deutschkenntnisse überprüft werden. Ganz ohne Deutschkenntnisse wird es eher schwierig, in die DSL zu kommen. Vielleicht klappt das am ehesten noch im Kindergarten, wo die Kinder ab 3 Jahren hingehen können.
Die Mädels waren zur Zeit ihres Aufnahmegesprächs in einer englischen Schule, sprachen aber zu Hause deutsch. Beim Aufahmegespräch musste die Große mit ihren 7 Jahren ein paar Zeilen deutschen Text vorlesen, während die 5-Jährige nur ein paar Bilder auf deutsch erklären sollte. Die Kinder wurden dafür von den Eltern getrennt, was wohl das „Schlimmste“ an der Sache war 🙂
Etwas Sorge vor dem Gespräch machte mir die Kooperationsbereitschaft der Kinder. Denn „natürlich“ war es nicht der Wunsch der Kinder, ihre Freundinnen aus der englischen Schule zu verlassen, um auf die Deutsche Schule zu wechseln. Dementsprechend waren wir erleichtert zu hören, dass sie sich nicht verweigert hatten, sondern diese Hürden genommen haben.
Allerdings fanden sie beim ersten Besuch die Schule eigentlich eher doof! Aus einer sehr behüteten kleinen Church of England Schule kommend, waren sie von den laut und wild durcheinanderrennenden und nicht in Schuluniform gekleideten Kindern glaube ich ziemlich überwältigt. Und dann waren da natürlich auch noch die Teenies, die eben auch auf dem Pausenhof rumlaufen, da es zwar unterschiedliche Gebäude für die Grund- und die Sekundarstufe gibt, aber das Gelände an sich nicht getrennt ist. Das schien meine Kinder doch etwas einzuschüchtern.
Die Anmeldung an der Deutschen Schule London
Obwohl es nicht auf die Gegenliebe der Mädchen gestossen ist, haben wir uns für die Schule entschieden. Auch deshalb, weil wir wussten, dass wir irgendwann einmal zurück nach Deutschland ziehen wollten. Also stand der zweite Anruf im Anmeldebüro an, worauf ich mich nicht sehr freute, denn das erste, mit einer eher pampigen Mitarbeiterin, war noch nicht ganz verdaut.
Das Anmeldeprozedere war wohl insgesamt auch mit das „fragwürdigste“ an unserem gesamten Schulaufenthalt. Das liegt tatsächlich an der dafür zuständigen Person. Wie wir im Nachhinein erfahren haben, ist diese auch bei anderen Familien nicht MEHR willkommen-heißend gewesen. Vielleicht steckt die Person nur im falschen Job, denn von einer Freundin, die da mal im Kindergarten gearbeitet hat, habe ich gehört, dass die Person eigentlich ganz nett sein soll… Also, lasst euch von der etwas kalten Art bei der Anmeldung nicht abschrecken: Habt ihr dieses Obstacle überwunden, wird es bestimmt nur noch besser 😀
Nachdem wir die angebotenen Plätze bestätigt haben, kam natürlich sofort auch die Rechnung über die 500 GBP Anmeldegebühr pro Kind – non-refundable. Gegen den Willen der Kinder haben wir sie also angemeldet und mussten in den nächsten Wochen noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten.
Das heftige deposit (aktuell 3.000 GBP refundable, wenn man rechtzeitig kündigt, 1.250 GBP Entwicklungsfont – non-refundable) werden dann auch gleich mal fällig. Times-two in unserem Fall – da muss man schon mal schlucken. Dafür waren unsere Schulgebühren, die üblicherweise jährlich etwas steigen, damals auch noch nicht bei 9.900 GBP, wo sie im Schuljahr 2022/2023 gerade stehen.
Das DSL Schulgelände überzeugt einfach jeden
Die DSL befindet sich wirklich an einem wunderschönen und sehr großen Fleckchen nahe der Themse zwischen Richmond und Ham/Petersham. Die Gebäude sind großzügig und modern (eine große Renovierung des Sekundarstufengebäudes wurde während unserer Zeit gerade durchgeführt) und die Grünanlagen, Pausenhöfe, Spielplätze und vor allem die super ausgestattete Turnhalle findet man in London wahrscheinlich nicht so häufig.
Die Vorbereitungen für den Schulanfang
Anders als an der englischen Schule, wo man sich eher um die Schuluniform und vielleicht noch die Book-Bag kümmern muss, bekamen wir nun eine lange Liste an Materialien und Büchern zugeschickt, die wir besorgen mussten.
Außerdem stand bei uns die Frage an, wie das mit dem Commute von Wimbledon nach Richmond klappen soll. Fahrtzeit waren mit dem Auto 35 Minuten, wenn es schnell ging. Aber oft flutschte es eben nicht so, so dass – zum Beispiel auch die Schulbusse, die morgens und nachmittags verschiedene Routen abfahren – die Kinder sehr früh abholen.
Der Schulbus bzw der Commute zur Schule
Ich habe mich vorher sowohl mit den Schulbus-Routen beschäftigt, die sich jedes Jahr leicht ändern können, als auch über Facebook versucht, andere Familien aus unserer Gegend zu finden, mit denen man sich die Fahrten teilen kann.
Dabei kam dann schnell die ernüchternde Feststellung, dass das mit Fahrgemeinschaften ziemlich schwierig ist, weil die Kinder immer sehr unterschiedlich Schulschluss haben. Kannten wir natürlich aus der englischen Schule so nicht.
Der Schulbus war uns dann allerdings a) zu stressig, weil wir die Kinder zu einer Zeit an einem Sammelpunkt in Wimbledon hätten abgeben müssen, wo wir weitere 25 Minuten früher losfahren müssten. Und b) ist der Schulbus auch echt ordentlich teuer.
Daher haben wir es doch so gemacht, dass ich die Kinder morgens gebracht und mittags wieder abgeholt habe. An den kurzen Schultagen blieb ich mit dem Baby in einem dort in der Nähe befindlichen Fitnessstudio, wo er 2 Stunden in die Creché ging und wir sonst im Softplay waren. Das war ganz praktisch weil ich von dort arbeiten konnte statt 4x hin- und her zu fahren.
Die Einschulungsfeier nach „Deutscher Tradition“
Für die Kinder, die neu zur DSL kommen und nicht in die erste Klasse eingeschult werden, gibt es am ersten Tag eine kleine Einschulungsfeier in der Turnhalle. Dort versammeln sich auch die Kinder der neuen Fünften Klassen, die an dem Tag neu für die Sekundarstufe zusammengemischt werden. Während der Einschulungsfeier waren wir alle doch sehr überrascht, als die neuen 5-Klässler in ihre Klassen aufgerufen wurden und jeder Name mit einem lauten Grölen, Stampfen und Klatschen von den hinter uns sitzenden 11-Jährigen kommentiert wurde. So eine „Aufruhr“ hätte es definitiv nicht an der alten Schule gegeben 😀
Die Einschulungsfeier für die ersten Klassen fand am ersten Samstag nach den Ferien statt und an den Tagen davor gab es in kleinen Gruppen ein Treffen im der neuen Klassenlehrerin im Klassenzimmer, was dem Nervenkostüm der Kuschelmaus sehr gut getan hat. Die Einschulungsfeier konnten wir zum Glück vor Corona noch im vollen Umfang erleben.
Die Kuschelmaus war zwar schon in Year 1 der englischen Schule, wurde aber – altersgemäß – ganz normal in die erste Klasse der DSL eingeschult und hat somit das ganze Schultüten- und Foto-Programm miterlebt, dass die Schnatterente durch den Schulstart im Englischen System verpasst hatte (gut, eine kleine Schultüte hatte sie auch, aber damit war sie damals alleine…).
Auch wenn die Kinder etwas widerwillig in die Sommerferien gegangen waren – immernoch nicht angetan von der Idee, ihre Schule zu wechseln – fanden sie es zum Glück spannend genug, nun „individuelle“ und neue Schulranzen zu haben, ihre eigenen Bücher und Schreibmaterialien einpacken zu können usw. so dass sie letztendlich doch recht offen dem Wechsel entgegen blickten.
Die Klassenzusammensetzung
Bei der Kuschelmaus kam der Großteil der Mitschüler bereits aus dem Kindergarten der DSL und kannte sich schon gut aus. Bei der Großen in der dritten Klasse war es schon etwas gemischter mit Kindern, die vor 1-2 Jahren an die Schule kamen, welchen, die wie sie gerade aus dem englischen System kamen und solchen, die neu in London angekommenen sind.
Bei den Eltern ist es meist schon so, dass mindestens ein Elternteil deutscher Muttersprachler ist, wobei gefühlt die meisten wahrscheinlich beidseitig deutschsprachige Eltern haben. Selten gibt es auch mal Familien, wo keiner der beiden Eltern deutsch-stämmig ist. In dem Fall hat ein Elternteil zum Beispiel früher mal in Deutschland gelebt.
Der Schulalltag an der DSL
Der Schultag beginnt um 8:30 Uhr, was eine recht angenehme Uhrzeit ist. Aus Wimbledon anfahrend, mussten wir also um 7:30 das Haus verlassen, um pünktlich zu kommen. Ein paar Mal hat uns irgendeine plötzliche Sperrung des Richmond Parks die Planung versaut, aber so richtig zu spät gekommen sind wir eigentlich nur 1-2 Mal.
In der Grundschule (Klasse 1-4) ist der Unterricht schon recht früh zu Ende. Das war auch der Grund, weshalb wir dann an kurzen Tagen einfach zum nahegelegenen Gym gefahren sind und dort den Vormittag verbracht haben, anstatt zurück zu fahren.
Im Gegensatz zur englischen Schule, wo man einfach mal keinen Einblick hat, was wann passiert oder mit welchem Stoff sich die Kinder gerade so beschäftigen, gab es nun – für uns erstmals – ganz normale Stundenpläne, Schulbücher und Hefte und Hausaufgaben, wie man es aus Schulen in Deutschland kennt.
Definitiv haben wir an der Großen, die Year 3 im englischen System beendet hatte und nun in der Dritten im Deutschen System war, einen sehr großen Unterschied am Ende des Schultages gemerkt: Während sie an der Englischen Schule um 15:15 beim Anstellen in der Abholreihe stets ihre Kapuzenjacke über den Kopf gezogen hatte und einfach zu müde war, um noch mit irgendjemand zu interagieren, hatte sie hier am Ende des Schultages noch viel Energie übrig, um mit den Freundinne zu spielen. Das war wirklich sehr schön zu sehen!
Ich habe mich auch sehr für unser zweitgeborenes Sommerkind gefreut, dass sie nun noch mal ganz normal mit 6 Jahren „von Null“ anfangen kann, nachdem sie, seit sie gerade vier geworden war und in die englische Reception Class musste, bereits einem – meiner Meinung nach – viel zu frühen Lerndruck ausgesetzt war.
Beiden Kindern haben diese kürzeren Schultage sehr gut getan und weil ich in der Zeit auch als Freelancer tätig war, lies sich das alles sehr gut kombinieren.
Unser Umzug nach North Kingston – Schluß mit Commuten
Einzig der lange Commute und die vielen Stunden pro Woche, die ich und der Jüngste im Auto verbracht haben, hat nach ein paar Monaten ziemlich genervt. Eine Fahrgemeinschaft war nicht in Sicht und die Kids an manchen Morgenden sowieso so stinkig, dass ich es nicht gewagt hätte, eine Fahrgemeinschaft zu gründen.
Und so haben wir uns, obwohl wir wussten, dass wir nicht für immer in London bleiben würden, entschieden, dass es verträglicher ist, wenn nur eine Person einen längeren Commute zur Arbeit hat, als vier Personen. Kurz vor Beginn der Pandemie und des ersten Lockdowns sind wir also nach North Kingston nur so 10-12 Minuten Fahrradstrecke entfernt von der Schule gezogen.
Wir sind bewusst nicht nach Richmond gezogen, weil Heathrow nicht weit entfernt ist und die Flieger daher schon relativ niedrig fliegen. Wobei die Belästigung der Anwohner dadurch verringert werden soll, das die Einflugschneisen immer rotieren. Auch in North Kingston konnten wie – je nach Wind – manchmal Flugzeuge deutlich hören. Allerdings bestätigten uns alle, die wirklich nah an der Einflugschneise leben, dass man sich sehr schnell an die Flugzeuge gewöhnt.
Unser Umzug war ein absoluter Glücksfall, wie sich dann im Lockdown zeigte, weil wir im ersten Lockdown praktisch Hausarrest mit einer Stunde Excercise outside auferlegt bekamen und wir mit nem netten Garten und der Themse nebenan zum Joggen absolut nichts zu meckern hatten.
Die Deutsche Schule London im Lockdown-Modus
Im Vergleich zu den Zuständen, die wir um uns herum so mitbekamen, muss man wirklich sagen, dass die DSL den abrupten Umstieg aufs Online-Learning sehr gut gemeistert hat. Innerhalb weniger Tage stand ein online-Learning Plan in Teams und jeden Tag gab es 2-3 Sessions in kleineren Gruppen. Natürlich mussten auch wir als Eltern plötzlich deutlich mehr einspringen und es gab viele Diskussionen und manchmal auch Tränen, wenn irgendwas nicht so lief, aber generell denke ich, dass die Kinder zumindest „kaum Stoff“ verpasst haben.
Wir fanden den ersten Lockdown, wo der Mann erstmals Homeoffice machen durfte, eigentlich ganz gemütlich: Er musste nicht commuten oder reisen, wir genossen das Grün um uns herum bei unseren „Freigängen“ und insgesamt war alles weniger stressig als sonst.
In England wurde die Schulen im Vergleich zu Deutschland auch relativ schnell wieder aufgemacht. Die DSL machte sich sehr viel Mühe dabei, die Klassen und Jahrgänge nicht zu mischen und so zierten bunte Tapes das gesamte Schulgelände, um Wege und Aufenthaltszonen für die Kinder zu schaffen. Die vielen neuen Corona-Regeln haben die Kinder kaum gestört, solange sie wieder mit ihren SchulfreundInnen zusammen sein konnten.
Den Lockdown und remote Schooling Ende 2020/2021 haben wir in Berlin verbracht, bis die Schulen im Frühjahr wieder aufmachten und wir (wie auch viele andere europäische Familien) am letzten Remote-School-Wochenende nach London zurück fuhren, um zum Schulstart wieder da zu sein.
Das Kommen und Gehen an der DSL
Von einer sehr lieben Mama habe ich schon sehr früh in unserer London Zeit erfahren, dass das Kommen und Gehen an der DSL sowohl der Schüler als auch der Lehrer zum Alltag gehört. Verbeamtete Lehrer aus Deutschland können sich zum Beispiel nur für ein paar Jahre für einen solchen Auslandseinsatz freistellen lassen, bevor sie sich wieder in Deutschland einzufinden haben.
Viele Schüler an der DSL sind die Kinder von entsendeten Eltern, die ebenfalls einen zeitlich befristeten Aufenthalt in London planen, bevor sie wieder zurück nach Deutschland oder sonst wohin ziehen. Ich habe das selbst nicht erlebt, aber die Freundin sagte, dass es vor allem für die älteren Schüler so nervt, dass ihre Freunde immer wieder die Schule verlassen, dass einige – zumindest einige Jahre – auf englische Secondary Schools gehen. Ein Teil scheint aber dann zum Abitur doch wieder zur DSL zurück zu kommen.
Wir waren insgesamt selbst ja nur 2,5 Jahre an der Schule und wir können definitiv bestätigen, dass es einen größeren Wechsel an MitschülerInnenn und LehrerInnen gibt. Ob es eines unserer Kinder einmal so gestresst hätte, dass sie deshalb ins englische Schulsystem hätten wechseln wollen, wage ich zu bezweifeln…
Resümee zur Deutschen Schule London
Unseren Kindern und uns hat die Zeit an der DSL definitiv gut gefallen. Gerade durch die Pandemiezeit hätten wir es an der alten Englischen Schule wahrscheinlich deutlich schlechter getroffen. Und die Gegend in Richmond/Ham/Kingston ist einfach auch total schön.
Natürlich hat unser Leben durch die Schule und die vielen Deutschen und deutsch-sprachigen, die dort wohnen, einen ziemlichen „Deutsch-Ruck“ bekommen. Eine flüchtige Bekannte nannte Richmond auch „das deutsche Ghetto“. Wir wussten allerdings auch, dass wir irgendwann nach Deutschland zurück wollen und konnten uns keine bessere Lösung vorstellen, die Kinder auf eine normale deutsche Schule vorzubereiten, als dass wir sie bereits in London auf eine solche schicken.
Vom Hörensagen können wir auch berichten, dass der gesamte Werdegang bis zum Schulabschluss an der DSL gut ist. Wir haben allerdings auch noch mitbekommen, dass es wegen Brexit immer schwerer und auch teurer wurde, Lehrkräfte aus Deutschland zu rekrutieren. Und natürlich kann man heute auch nicht mehr einfach so mal entscheiden, für ein paar Jahre nach London zu ziehen, was sicher die Nachfrage nach Plätzen an der DSL etwas vermindern könnte.
Ich muss mich mal bei DSL Eltern informieren, ob/wie sich das in 2023 eventuell bemerkbar macht. Wir hoffen jedenfalls, dass die DSL weiterhin genug Schüler und Lehrer anzieht, um an diesem schönen Fleckchen in Ham Kindern mit deutschen Wurzeln eine ähnliche Schulausbildung wie in Deutschland bieten zu können.
Eure Uta x
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