Aus gegebenen Anlass, weil eine Mama mich über das Blog zwecks Umzug nach Hong Kong angeschrieben hat und wir dazu lange telefoniert und öfter hin und her geschrieben haben, starte ich heute eine – natürlich nicht allumfassende – Post-Reihe über den Umzug mit Familie nach Hong Kong.
Wir sind im Sommer 2011 mit der damals 9 Monate alten Schnatterente zu „neuen Ufern“ aufgebrochen und nach Hong Kong gezogen. Der Ordnungshüter hatte das Angebot bekommen, dort für eine Weile zu arbeiten und obwohl es nicht mein Traumziel war, haben wir uns zu diesem Schritt entschieden.
Ich hatte im Vorfeld große Bauchschmerzen wegen der geographischen und kulturellen Entfernung! Es gibt ja so richtige „Asienfans“, für die es keine schöneres Reiseziel gibt. Ich zählte mich zu der Zeit definitiv nicht zu diesen…
Nun gut, es war schon immer klar, dass wir auch mal ins Ausland gehen würden und so habe ich eingewilligt, ein Jahr lang Hong Kong eine Chance zu geben. Dass es am Ende doch 2 Jahre waren, war dann auch in Ordnung. Aber jetzt der Reihe nach:
Die Umzugsvorbereitungen
Da dieser Umzug arbeitsbedingt war, hatte die Firma des Ordnungshüters uns viel vom Organisationskram abgenommen. So bekamen wir die ersten 4 Wochen ein „Serviced Apartment“ (eine Art Ferienwohnung mit Küche und täglichen 3-köpfigem Putzkommando, die in 15 Minuten durch das Apartment gefegt sind) zur Verfügung gestellt und den Umzug übernahm eine Umzugsfirma. Wegen meiner Bedenken im Vorfeld wollten wir unsere schöne, gemietete Wohnung in Frankfurt nicht aufgeben und haben einen Zwischenmieter gesucht und diesem einige Möbel und Küchenutensilien da gelassen. Außerdem haben wir ihm das Kinderzimmer nicht mitvermietet, das wir als Storage benutzten. Im Nachhinein war das nicht der perfekte Plan: Erstens mussten wir uns ziemlich viele Dinge in Hong Kong doch wieder anschaffen, weil wir sie da gelassen hatten (und jetzt haben wir alles doppelt und dreifach!) und zweitens, weil der Zwischenmieter nach nur wenigen Monaten nach München zog und wir letztendlich eine Wohnungsauflösung + Nachmietersuche aus der Ferme zu organisieren hatten. Der Ordnungshüter musste für die Wohnungsübergabe extra noch einmal nach Frankfurt fliegen und die Einlagerung unserer Sachen bei meiner Oma in Berlin organisieren.
Tipp 1: Wenn nicht absolut klar ist, dass man nach „X“ Monaten wieder zurück geht, empfehle ich aus eigener Erfahrung die Wohnungsauflösung und ggf. Einlagerung von Möbeln und anderen Gegenständen
Die paar Möbelstücke und andere Gegenstände, die wir mit nach Hong Kong nahmen, wurden am Tag vor unserer Abreise von 2 Männern der Umzugsfirma innerhalb kürzester Zeit eingepackt. Dieser Einpackservice war wirklich toll, denn wegen des Überseetransports per Containerschiff musste ganz besonders ordentlich gepackt werden und sowas wie Geschirr und Gläser bruchsicher für einen Überseetransport einzupacken, ist ja doch eher nervig. Da wir dem Zwischenmieter aber auch unser Bett da gelassen haben, hatten wir die letzte Nacht in Frankfurt zwar aus dem Koffer gelebt, aber immerhin in der eigenen Wohnung verbringen können. Im Normalfall wäre wohl am letzten Tag die Wohnung leer und man müsste ggf. eine Nacht im Hotel schlafen.
Wir waren froh, dass es aus Frankfurt per Direktflug nach Hong Kong ging, den wir am frühen Nachmittag antraten. Das war der erste Flug der Schnatterente und wir hatten keine Ahnung, wie sie den überstehen wird! Glücklicherweise flogen wir auf Firmenkosten und hatten Plätze in der Business Class. Die Schnatterente hatte so ein extra Baby-Körbchen, das vor uns an der Wand hing und in dem sie auch wirklich ganz gut geschlafen hatte und wir lagen relativ bequem daneben. Verglichen mit den vielen Economy Flügen, die wir danach noch erlebten und die jeweils nach Berlin mit einmal umsteigen verbunden waren, war der Business Class Direktflug einfach spitze!
Kleiner Kulturschock nach der Ankunft
Der Ordnungshüter hatte bei der Auswahl des Serviced Appartments darauf geachtet, dass ein Park in der Nähe war. So landeten wir in der Nähe des Victoria Parks in Causeway Bay. Causeway Bay ist DIE Einkaufsmeile auf Hong Kong Island schlechthin! Nach nur einem Tag weigerte sich die Schnatterente, im Buggy zu sitzen, weil ihr die Menschenmassen um sie herum Angst machten und sie vermutlich immer befürchtete, dass einmal einer der Menschen in ihren Buggy stürzen würde (so knapp haben die sich an ihrem Buggy vorbei geschoben). Den Park haben wir letztendlich vielleicht 3 Mal besucht, weil es einfach zu heiß und schwül war und schon der 1km lange Weg dorthin einfach nervig war.
Die Gerüche, die Menschenmassen,die Lautstärke, die ganzen Neonlichter und die schwül-warme und stickige Luft erschlugen uns jedesmal regelrecht, wenn wir aus dem übertreiben runterklimatisierten Hotel auf die Straße traten. Ich verschob alle Erledigungen auf nach 16 Uhr, wo es etwas weniger stickig war. Schnell war uns daher klar, dass wir nach einer Wohnung in einer Gegend suchen würden, mit VIEL WENIGER von alldem vorher aufgezählten.
Die Wohnungssuche
Während ich mit der Schnatterente viel im Apartment war, weil ich oft einfach keine Motivation hatte, mich und die Schnatterente in der Bauchtrage durch das Getümmel zu quetschen mit dem Endergebnis, dass wir am Ende der Tour mit naßgeschwitzen Bäuchen aneinander kleben, begann der Ordnungshüter sofort zu arbeiten und hatte damit schnell Anschluss. Außer dem Lebensmitteleinkauf, der mich aufgrund der fremden Produkte und dem übermäßigen Gewusel naturgemäß deutlich mehr Nerven kostete als ein Einkauf in einem deutschen Supermarkt, vertrieben wir uns die Zeit mit gelegentlichen Besuchen der Hotel-Rezeption, des Hotel-Gyms oder – wenn mir danach war – unternahmen wir einen kleinen Ausflug. Egal wohin es ging, ich empfand es meistens als eher anstrengend, weil ich wie gesagt die Schnatterente nur noch vor dem Bauch tragen konnte und dann meistens auf dem Rücken noch einen Rucksack mit Wickelsachen etc. dabei hatte. Über Netmoms und Facebook hatte ich schnell eine Gruppe von Expat Mamas aufgetan, die mir online und offline einiges an Tipps gaben, als es um die Frage ging, wo es sich gut leben lässt. Mit einigen dieser Expat Mums hatten wir über die 2 Jahre einen regelmäßigen Kontakt und noch heute bin ich Mitglied der Facebook Gruppe und freue mich immer mal über Neuigkeiten der hong konger Bekannten.
Tipp 2: Über Netmoms/Facebook fand ich bisher immer schnell andere Mamas (deutsche oder internationale) in ähnlicher Situation, die einem bei der Eingewöhnung viele gute Tipps geben können.
Über Bekannte haben wir den Kontakt zu einer Deutschen Maklerin bekommen. Der Ordnungshüter hatte mehrfach mit der Maklerin Gisela Landsmann ein paar Apartments relativ zentral auf Hong Kong Island angeschaut. Er hatte aber bereits das Gefühl gehabt, dass wir uns in einem Wohnkomplex aus 3-6 riesigen Hochhäusern (natürlich mit allem chi-chi wie Supermarkt, Fitnessstudio, Pool, manchmal einem Tennisplatz, Kinderspielplatz drinnen und draußen, Friseur, Kosmetik, Concierge usw.) nicht so recht wohl fühlen würden und so haben wir die Gegenden Midlevels und Wan Chai ausgeschlossen. Alles, was weiter östlich von Wan Chai liegt, haben wir nicht in Betracht gezogen, weil uns das auch zu innerstädtisch vorkam. Genau so haben wir die komplette Kowloon Seite ausgeschlossen, ohne sie eigentlich jemals gesehen zu haben. Wenn man nur 4 Wochen Zeit hat, um eine Bleibe zu finden, muss man sich einfach auf Empfehlungen anderer verlassen, denn sich erst einmal alle Gegenden anzuschauen, ist in einer Stadt wie Hong Kong schlichtweg unmöglich. Als westliche Familie schließen sich aber ganz natürlich schon jene Gegenden aus, in der sich nur wenige nicht-Chinesen hin verirrt haben, denn hier hat man ohne Cantonesisch zu sprechen einfach keine Chance!
Einen Nachmittag haben wir zusammen mit der Maklerin Gisela im Westen von Hong Kong Island in Pok Fu Lam und weiter unten in Aberdeen ein paar Apartments angeschaut. Aber es war einfach alles sehr klein, schweineteuer, die Häuser von außen gewöhnungsbedürftig „oll“, auch wenn die Apartments innen meistens nett hergerichtet waren, und uns fehlte einfach etwas „Grün“.
So haben wir uns das Fleckchen Erde angeschaut, das uns ein englischer Kollege vom Ordnungshüter empfohlen hat: Discovery Bay. Etwas ausführlicher über Discovery Bay habe ich bereits hier berichtet. Die Wohnungssuche dort sah so aus: Barry (der dortige Makler der immer mit Gisela zusammen zu arbeiten scheint) kam mit seinem Golf Cart und hat Gisela vorne und den Ordnungshüter, die Schnatterente und mich hinten eingeladen. Das etwas wackelige rumdüsen ohne Sicherheitsgurt auf der nach hinten gerichteten Bank des Golf Carts war an sich schon eine echte Erfahrung: Alles andere als etwas für sehr sicherheitsbewusste Eltern…
Wir haben uns an dem Tag ca. 14 Wohnungen angeguckt, nach dem Motto „rein – raus“ und zumindest ich konnte mich am Ende kaum mehr dran erinnern, welche Wohnung welche war. Allerdings war uns klar: Hier wollen wir hinziehen! Es gab breite, frei zugängliche, wenig bevölkerte, saubere Bürgersteige mit viel Grün drum herum, wenig Straßenverkehr, keine Hektik, sauberere Luft, kleinere (niedrigere Häuser), größere Wohnungen (die zu der Zeit im Vergleich zu Wohnungen auf Hong Kong Island deutlich günstiger waren), viele internationale Familien, einen netten Plaza mit allen Geschäften des täglichen Bedarfs, ein paar Restaurants, nette Freizeitclubs, viele Spielplätze, einen schönen Strand und so weiter.
Das Bild oben zeigt eine der gepflegten Grünanlagen von Discovery Bay, wo es bunte Fische ähnlich wie Kois und auch Schildkröten gibt, die die Kinder gerne mit Brot gefüttert haben. Im Hintergrund stehen die höchsten in Discovery Bay vorhandenen Hochhäuser – die „Greens“, in denen es wirklich sehr hübsche Wohnungen gibt, auch wenn diese Gebäude von außen nicht den allerbesten Eindruck machen.
Wenn man eine Wohnung mieten möchte, macht man selbst dem Landlord ein Angebot über die Höhe der Mietzahlung. Zu unserer Zeit war das Angebot des Mietinteressenten stets unter den Vorstellungen des Vermieters. Ob sich das mittlerweile geändert hat, kann ich nicht sagen. Der Vermieter überlegt sich dann, ob er bereit ist, einem die Wohnung zu der vorgeschlagenen Miethöhe zu überlassen. Ein mehrmaliges hin- und her-handeln ist nicht unüblich. Mietverträge werden meistens für 2 Jahre abgeschlossen.
In Discovery Bay lebt es sich insbesondere mit Kindern durch den Strand und die netten Clubs mit Pools, Fitnessstudio, Tennis- und Basketballplätzen usw. ein wenig wie im Urlaub. Aber bei der Frage, ob man wirklich „ab-vom-Schuss“ in Discovery Bay leben möchte, kommt es natürlich darauf an, welche anderen Lokalitäten tagtäglich erreicht werden müssen: Mit der Fähre ist man in 25 Minuten in Central und kann von dort verschiedene Verkehrsmittel, die je nach Tageszeit sehr voll sein können, benutzen, um weiterzukommen. Sollen die Kinder auf die Deutsche Schule gehen (German-Swiss-International GSIS), müssen sie in Discovery Bay um 6:30 Uhr die Fähre nehmen… Ob man das seinen Kindern – auch schon im Grundschulalter – antun möchte, ist eine Frage, die man sich vorher stellen sollte.
Tipp 3: Wer mit Kindern nach Hong Kong zieht und es nicht darauf anlegt, das hundert-prozentige Hong Kong zu erleben, sondern lieber etwas europäischer lebt, aber trotzdem die Möglichkeit hat, sich innerhalb von 45 Minuten ins Hong Konger Getümmel stürzen zu können, dem empfehle ich sehr, sich Discovery Bay anzusehen!
Allerdings gibt es auch an Discovery Bay erwähnenswerte negative Dinge. Eine Freundin berichtete mir, dass sie nach 5 Jahren stay-at-home-mum einem „Inselkoller“ nahe ist. Das liegt vor allem daran, dass man bei 19.000 Einwohnern und sehr restriktiven Zugangsbeschränkungen („Privatleute“ kommen nur mit der Fähre oder dem Bus nach Discovery Bay rein) eben tagtäglich die gleichen Menschen sieht und jeder Tag ist irgendwie wie der andere. Außerdem muss ich auch die gewöhnungsbedürftige Fauna erwähnen: es werden nicht nur immer mal wieder giftige oder würgende Schlangen in Discovery Bay gesichtet und Kakerlaken sind allgegenwärtig, sondern es gibt auch diese nervtötenden Sandflies, die einem mehr als 6 Monate im Jahr das Leben schwer machen können! Es sei denn, man schmeckt den Sandflies nicht (was habe ich diese Personen beneidet, die ohne Mückenschutz leben konnten!).
Lest demnächst mehr über den Umzug in die Wohnung in Discovery Bay, unsere Eingewöhnung und die Deutsche Community und weitere für nach Hong Kong ziehende Familien interessante Dinge.
Eure Uta x
Vielen Dank, dass Sie einen so faszinierenden Aufsatz geschrieben haben. Der Umzug in ein so weit entferntes Land ist zweifellos eine Herausforderung. Sie sollten im Voraus planen.
Mit den herzlichsten Wünschen,
Kristall
Sehr schöne Schilderung der Eindrücke. Vielen Dank für diesen Interessanten Artikel. Eine Stadt wie Hong Kong ist natürlich kein vergleich zu Berlin oder anderen groß Städten in Deutschland. Ein Umzug in so große Entfernung und die Umstellung bezüglich Kultur und Sprache ist sicherlich anstrengend und schwierig in der ersten Zeit. Ich wünsche allen die auf so ein Abenteuer sich einlassen viel Erfolg.
Sehr interessanter Artikel. Alleine ein Umzug in derselben Stadt ist schon stressig genug, aber ins Ausland und dann noch nach Hong Kong, dass war wirklich ein großer Schritt.
Wünsche euch alles Gute in der Ferne!
Ich finde es immer spannend wenn man den Schritt wagt und auch seine Träume wahr werden lässt. Aber wenn du aus Berlin kommst dann war dein Umzug in die Ferne ein gewaltiger und stressiges Ereignis. Bemerkenswert wünsche dir und deiner Familie alles Glück der Welt!
Liebe Grüße kai
Hi Uta,
wow, das ist wirklich ein umfangreicher Post. So ein Umzug bringt schon einige Umstäne und neue Eindrücke mit sich. Ich denke da gehört viel Mut dazu. Ich plane schon seit langem meinem Umzug in den fernen Osten und möchte dafür gerne auf einen Relocation Service zurück greifen. Dieser Service übernimmt alle Behördengänge für mich. Auch die Wohnungssuche bis hin zur Mietvertragsunterzeichnung wird übernommen. Auch die Herstellung zu Kontakten soll dadurch vereinfacht werden und ich muss mir zum Start nicht über diese Dinge Gedanken machen. Vielleicht liest Du Dir einfach einmal durch, was der Service alles beinhaltet: https://www.sats-relocation.com/relocation/ Würdest Du soetwas empfehlen? Oder ist es wichtig Behördengänge selbst zu übernehmen?
Was meinst Du, selber machen oder machen lassen?
Viele liebe Grüße
Nicole
Vielen Dank für den interessanten Artikel. So ein Umzug in ein solch fernes Land ist sicherlich sehr stressig. Da sollte man gut im Voraus planen.
Mit besten Grüßen,
Hannes