„Eigentlich liebe ich Tita! Sie war meine beste Kocherin!“ (Zitat Schnatterente)
Wie fast alle Expat-Familien hatten wir in unserer Zeit in Hong Kong auch eine philippinische Maid angestellt, die bei uns gewohnt und gearbeitet hat. Das war für mich aber nicht von Anfang an selbstverständlich!
Schon bevor wir nach Hong Kong gezogen sind, habe ich von verschiedenen Seiten gehört, wie es den philippinischen Maids in Hong Kong geht: Sie haben meist einen sehr niedrigen gesellschaftlichen Status und werden von vielen Familien schamlos ausgenutzt! Das heißt: Lange Arbeitszeiten, schlechte Arbeitsbedingungen, keine Anerkennung und wenig Lohn.
„Wenig“ zumindest für die Arbeitgeber: Für eine live-in Maid, die 6 Tage die Woche arbeitet und der man laut Arbeitsvertrag nur einen freien Tag die Woche sowie 8 Stunden Pause über Nacht zugestehen muss, bezahlte man zu unserer Zeit einen Mindestlohn von umgerechnet etwa 400€ im Monat! Dafür bekam sie natürlich freie Kost und Logis.
Wobei mir mehrfach bestätigt wurde, dass es für die philippinischen Frauen wie ein Lottogewinn ist, eine Stelle in Hong Kong zu bekommen. Sie verdienen dort soviel Geld wie ein Bankangestellter in den Philippinen und sie haben es im Vergleich zum Arbeiten in anderen Ländern verhältnismäßig gut. Seit Generationen scheint es zudem bei dem armen und historisch arg gebeutelten Völkchen so zu sein, dass Eltern ihre Kinder bei den Großeltern lassen, um im Ausland arbeiten zu gehen und das Geld Heim zu schicken.
In Hong Kong sieht man überall Philippinas: Sie erledigen alltägliche Dinge für ihre Arbeitgeber oder sind unterwegs mit Kindern, Hunden oder Alten. Allen anderen gegenüber verhalten sie sich meist sehr devot, wobei es unter jüngeren Philippinas auch welche gibt, die mehr Selbstbewusstsein haben.
Als wir in unsere Wohnung gezogen sind, hielt ich es erst einmal für ausgeschlossen, eine live-in Maid einzustellen. Alleine schon aus dem Grund, dass sie in dem dunklen Mini-Zimmerchen hinter der Küche schlafen müsste, dass in Wohnungsanzeigen gerne „Amah“ genannt wurde, und zu genau diesem Zwecke dient. Eine Nasszelle mit Dusche und Klo war an das Zimmer angeschlossen.
Es hatte sich dann so ergeben, dass die Maid eines Kollegen des Ordnungshüters, die wirklich toll mit seinen und meinem Kind umgegangen ist, mir ans Herz legte, ihre Schwester einzustellen. Ihr habe ich vorsorglich das Zimmer gezeigt, in dem ihre Schwester würde schlafen müssen und sie guckte mich ganz verwundert an, was daran das Problem wäre. In den Philippinen hätte die Schwester viel weniger Platz für sich alleine.
Also hatten wir uns nach einem Kennenlernen über Skype dazu entschieden, diese Frau einzustellen. Tita, was „Tante“ auf philippinisch heißt und wie sie von der Schnatterente genannt wurde, ist also nach Hong Kong gekommen und bei uns eingezogen. Eine große Sporttasche war alles, was sie dabei hatte. Wir haben ihr in das Mini-Zimmer ein Hochbett einbauen lassen, unter dem ein Kleiderschrank stand und wo sie noch Raum zum sitzen hatte. Damit war das Zimmer aber schon voll! Obwohl wir es ihr vermutlich besser eingerichtet haben, als manch anderer (ich kenne eine Familie, wo die Maid über der Waschmaschine schläft!), hatte ich ein ziemlich schlechtes Gewissen. Aber sie schien das völlig ok zu finden.
„Call me ‚Uta‘, please“ – „Ok, Mam“
Am Anfang hatten wir schon Startschwierigkeiten: Sie verstand nicht alles, was ich ihr gesagt hatte und ich musste mich erst einmal daran gewöhnen, dass sie mich nicht „Uta“ nennen würde. Ich habe es mehrfach versucht, bekam aber immer wieder „Mam“ zu hören, bis ich es aufgegeben habe. Vor dem Ordnungshüter hatte sie richtig Angst und zwar nicht, weil er streng war, sondern einfach deshalb, weil er der Hausherr war. Also war ich der „Boss“ der Tita und wenn der Ordnungshüter eine Aufgabe für Tita hatte, hat er mich zur Übermittlung des Auftrags herangezogen.
Es war zugegebener Maßen immer sehr sauber und ordentlich bei uns (so wie ich persönlich das nie gebraucht hätte – der Ordnungshüter hat das aber natürlich SEHR genossen). Aber es hat mich manchmal wahnsinnig gemacht, wie verschwenderisch Tita mit verschiedensten Ressourcen umgegangen ist:
Zum Beispiel das Geschirr spülen: In Asien macht man das so: Ordentlich Spüli auf den Schwamm, Wasser laufen lassen, alles dick einschäumen und unter fließendem Wasser abspülen. Wasserverschwendung scheint in Asien ein Fremdwort zu sein… Auch unser Putzmittelverbrauch war sehr hoch. Nicht nur, weil sie jeden Tag geputzt hat, sondern weil sie mit den Reinigungsmitteln nicht gerade sparsam war. Das gleiche bei Waschmitteln, oder die Häufigkeit des Wäschewaschens: Eine Mindestmenge bei der es sich lohnt, die Waschmaschine anzustellen, gab es in Titas Augen nicht.
Wir hatten ein Gästebad und ein Gästezimmer, was die meiste Zeit nicht in Benutzung war. Gut, vielleicht wurde das Klo ab und zu benutzt… Jedenfalls konnte ich Tita partout nicht davon abhalten, trotzdem jeden Tag auch dieses Bad zu putzen und das Gästezimmer zu saugen und zu wischen! Das scheint einfach so eine Routine zu sein, deren Abänderung nicht in Frage kam (ich bin mir eigentlich sogar sicher, dass sie auch bei der täglichen Putz-Routine geblieben ist, als wir im Urlaub waren!)
Gut, sie hatte sich vielleicht auch Beschäftigung gesucht, um einen vollen Arbeitstag „abzuleisten“, weil ich mich fast ausschließlich alleine um die Schnatterente gekümmert habe und für sie „nur“ der Haushalt blieb. Und mal ehrlich: Welche Hausfrau hat (Kinder ausgeschlossen) genug Arbeit um 8 Stunden lang 6 Tage die Woche nur Haushalt machen… Sie hatte daher auch viel Freizeit, die sie allerdings meistens in ihrem Zimmerchen verbracht hat. Besonders toll war es natürlich, dass wir auch mal spontan entscheiden konnten, abends Essen zu gehen und wir wussten, dass gut auf die Schnatterente aufgepasst wird. Wir waren Tita sehr dankbar für ihre Arbeit und haben ihr deshalb auch mehr als den Mindestlohn bezahlt.
Freizeit gibt es nur am Sonntag
Der Sonntag ist den Philippinas heilig! Viele Philippinas gehen morgens in die Kirche und treffen sich den restlichen Tag mit Freundinnen und Verwandten irgendwo auf öffentlichen Plätzen. Wenn man das wöchentlich wiederkehrende Bild am Sonntag das erste Mal sieht, ist das wirklich etwas merkwürdig: Diese Menschenmassen zu sehen, die es sich überall auf dem Boden gemütlich machen, fröhlich quatschen, tanzen und singen, sich gegenseitig stylen, essen oder schlafen! Aber genau diese Treffen sind vermutlich der Grund, weshalb die Maids die teilweise sehr harte Arbeitswoche ertragen!
Es war eine besondere Erfahrung, eine Haushälterin zu haben, von der ich zwangsweise eine Stufe über sie gestellt wurde, obwohl sie deutlich älter als ich war und ich ein Verhältnis mehr auf Augenhöhe bevorzugt hätte. Es war auch nicht immer einfach und manchmal auch recht einschränkend, eine „fremde“ Person 24 Stunden am Tag in der Wohnung zu haben, auch wenn sie wirklich sehr zurückhaltend war.
Obwohl wir Hong Kong verlassen haben, als die Schnatterente erst 2,5 Jahre alt war, hat sie immer noch sehr positive Erinnerungen an Tita und vermisst sie sehr, wie sie selbst sagt. Mit nun 2 Troublemakern wünsche ich mir sehr oft, wieder eine Tita zu haben, die hier ab und zu mal den Haushalt schmeißt 😉
Eure Uta x
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