Nach zwei interessanten Jahren, die wir mit der Schnatterente in Hong Kong gelebt haben, ist London unsere zweite „Auslandsstation“. Man könnte daher meinen, dass wir durch das Leben in Hong Kong gut auf das Leben in London vorbereitet sind. Hong Kong unterscheidet sich von Deutschland aufgrund der Entfernung – sowohl geografisch als auch kulturell – viel mehr als England, was ja praktisch ein Nachbarland von Deutschland ist. Aber seitdem die Schnatterente seit 2 Monaten in einen öffentlichen Kindergarten geht, der zu einer extrem beliebten Church of England Schule gehört, habe ich eine ganz neue Lektion zu verdauen:
HIER SIND WIR AUSLÄNDER!
Ich muss zugeben, in Hong Kong lebten wir in einer sehr künstlichen Umgebung: Sehr untypisch für Hong Kong hat man in Discovery Bay (DB) auf der Insel Lantau viel Platz, die Gebäude sind überwiegend nur wenige Stockwerke hoch und es gibt sogar Einfamilienhäuser! Die Bürgersteige sind breit, es sind viele Grünflächen und Spielplätze vorhanden und nicht zu vergessen, der Strand (hier kannst du mehr über unser Leben in Hong Kong lesen).
In DB siedelte sich eine bunt gemischte Expat Community an. Von den 19.000 Einwohnern sind die Hälfte nicht-Chinesen und die chinesische Hälfte ist sehr westlich orientiert. Aufgrund dieses hohen Anteils an „Ausländern“, die zumeist auch nur für eine gewisse Zeit in Hong Kong waren, hatten wir keine Anschlussprobleme. Durch Kinderkurse haben wir schnell ein paar nette Familien kennengelernt. Die Nachbarschaft traf sich auf dem nahegelegenen Spielplatz und Deutsche haben sich auch zu Playdates zusammengefunden. Und obwohl ich mich in Hong Kong nie so wirklich zu Hause gefühlt hatte, fühlte ich mich zumindest im nahen Umkreis integriert.
Ich hatte sogar für ein paar Wochen, als wir frisch angekommen waren und den totalen Kulturschock mitten im belebten Causeway Bay erlebten, einen guten Kontakt zu einer waschechten Hong Kong Chinesin. Die Bekanntschaft ließ sich aber leider nicht aufrecht erhalten, weil wir länger als eine Stunde von DB bis nach Causeway Bay unterwegs waren und das haben wir einfach nicht öfter machen wollen. Das ist wirklich einer der Nachteile, wenn man ab vom Schuss auf einer Insel wohnt.
Die Freundschaften, die wir in Hong Kong über die zwei Jahre geschlossen haben, entpuppten sich in den meisten Fällen als sehr oberflächlich oder vielleicht anders gesagt: als zweckmäßig. Vor Ort waren sie für beide Seiten angenehm, aber nach unserem Weggang nicht wirklich aufrecht zu erhalten. Es gibt zum Glück allerdings auch ein paar Ausnahmen.
Und jetzt sind wir seit bald einem Jahr in London. Wir haben vor allem Bekanntschaften in der Nachbarschaft und fühlen uns hier ziemlich wohl. Bis Juli ist die Schnatterente in einen privaten Kindergarten gegangen, in welchem überwiegend Kinder von Familien sind, wo beide Elternteile ganztags arbeiten. Daher habe ich selten Kontakt mit den Müttern gehabt und es ist – außer bei Geburtstagsparties oder am Wochenende zufällig im Park – nie zu irgendwelchen Playdates gekommen.
Jetzt geht die Schnatterente in den Schulkindergarten einer sehr „populären“ Grundschule, wo sie glücklicherweise über die Warteliste reingerutscht ist. Wir leben zwar nur 4 Gehminuten vom Schultor entfernt, aber das ist schon VIEL zu weit weg von der Schule, um sicher einen Platz für die Vorschule nächstes Jahr zu ergattern und damit den endgültigen Eintritt in die Schule zu besiegeln. Leider sind wir auch keine Kirchgänger, denn 30 der 60 Vorschulplätze gehen an Kinder von Familien, die regelmäßig zur Kirche gehen (und dies mit einem Stempelheft und einem Brief des Pfarrers nachweisen können…).
Natürlich habe ich von Anfang an versucht, Klassenkameraden der Schnatterente kennenzulernen, damit sie ein paar Freunde findet. Nicht nur beim Versuch, Playdates zu organisieren, sondern auch beim Smalltalk vor uns nach dem Kindergarten, hat sich bei mir ein komisches Gefühl breitgemacht: Viele der „echten englischen“ Mütter scheinen mir/uns gegenüber etwas reserviert zu sein.
Gut, ich muss dazu sagen, dass es in dieser Gruppe sehr viele Kinder mit älteren Geschwistern gibt, und sich die Mütter daher schon kennen und vielleicht unter diesen Kindern Playdates verabredet werden. Außerdem arbeiten einige der Mütter und haben daher vielleicht auch kein Interesse daran, sich am Nachmittag zu einem Playdate zu treffen.
Ich habe mich darüber schon mit anderen deutschen Müttern, die Kinder in dieser Schule haben, über mein etwas merkwürdiges Gefühl unterhalten und sie haben verstanden, was ich meine. Die Konkurrenz um die Plätze in dieser Schule ist extrem. Ich habe von vielen gehört, die ihre Kinder, nachdem sie nicht in DIESE Schule reingekommen sind, nun in teure Privatschulen schicken. Nach dem Motto: Entweder diese eine Schule, oder keine (öffentliche Schule).
Es gibt noch eine weitere Schule in der Nähe, die ziemlich ok wäre, aber es ist halt dann nicht DIESE. Auch wir haben überlegt, ob wir nicht näher an die Schule heran ziehen können, um einen Platz sicher zu haben, und der Schnatterente einen erneuten Schul- und Freundeswechsel im nächsten September zu ersparen. Und eben dieses „an-die-Schule-ziehen“ könnte der Grund für den Unmut der „ortsansässigen“ Familien auslösen. Die Häuserpreise um die Schule herum steigen nämlich deutlich über dem londoner Durchschnitt weil sich eben immer irgendwelche – meistens internationale Familien – finden, die diese Preise bezahlen können. Der Häusermarkt in London ist sowieso übertrieben teuer, aber das was um die Schule herum abgeht, ist wirklich nicht normal. Ich hatte mal einen Makler wegen einem Haus angerufen, was gerade erst ins Internet gestellt worden war und er sagte, ich könne mir das Haus nicht angucken, weil er bereits ein Angebot über den vollen Preis von jemandem bekommen hat, der das Haus noch nicht mal angeschaut hat! Das ist doch echt verrückt!
Ich kann nur hoffen, dass die derzeitige Zurückhaltung einiger englischer Mamas andere Gründe hat, als unsere Herkunft und Gedanken wie, dass wir als Hinzugezogene und vielleicht nur für ein paar Jahre vor Ort lebende, anderen Kindern den Platz in DER Schule wegnehmen und die Häuserpreise in die Höhe treiben.
Ich werde natürlich dranbleiben und wir haben auch schon ein paar nette Kinder und Mütter inklusive jüngerer Geschwister als Sparringspartner für die Kuschel(Kampf)maus gefunden 😉
Eure Uta x
1 Comment